Am 1. Juni um 11:30 Uhr wird der Künstler Gunter Demnig (Bild) in der Andreaestrasse 33, vor dem Haus der Familie Wehde in Horst, einen Stolperstein verlegen.
Gunter Demning hat das Stolpersteinprojekt ins Leben gerufen. Es soll dazu dienen, die Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus weltweit in Erinnerung zu behalten.
Gemeinsam mit Dirk Wehde haben Die Omas Gegen Rechts Garbsen-Seelze sich mit der Geschichte von Fritz Wehde, seinem Onkel, beschäftigt und bei der Stadt Garbsen den Antrag auf Verlegung eines Stolpersteins gestellt.
Fritz Wehde wurde am 11. November 1939 in Horst geboren und am 20. Januar 1945, mit nur 5 Jahren, in der „Kinderheilanstalt“ in Lüneburg umgebracht. Während der Geburt von Fritz kam es zu einem Sauerstoffmangel, sodass das Kind mit einem Hirnschaden geboren wurde.
Fritz wuchs friedlich trotz seiner Behinderung in Horst auf. Er hatte strahlend blaue Augen und wunderschöne weiße Locken, um die seine Cousinen ihn beneideten. Wenn seine Tante Wilma zu Besuch kam, stand Fritz manchmal stundenlang am Zaun und wartete darauf mit seinem Cousinen spielen zu können.
1942 wurde sein Bruder Heinrich geboren, diesmal im Krankenhaus, zu der Zeit unüblich, die Eltern wollten keine erneute Hausgeburt. Dieser 2 Jahre jüngere Bruder verteidigte später seinen älteren Bruder, indem er Worte aussprach, die dieser aufgrund seiner Behinderung nicht aussprechen konnte. Insgesamt war Fritz gut im Dorf integriert.
Am 21.8.1944 kamen Vertreter des Gesundheitsamtes, nach Anzeige der Hebamme, und überreichten Fritz Vater eine polizeiliche Verfügung, die Zwangseinweisung von Fritz in die „Kinderfachabteilung“ Lüneburg.
Obwohl die Eltern versuchten, sich gegen die Einweisung ihres 4-jährigen Kindes zu wehren, wurde ihr Sohn in die Lüneburger „Kinderfachabteilung“ eingewiesen.
Aus für nach heutigen Maßstäben nicht erklärlichen Gründen wurde das Kind aus seiner Familie gerissen und zwangsweise in die „Kinderheilanstalt“ in Lüneburg verbracht. Am 31.8.1944 wurde Fritz dort aufgenommen. In der „Anstalt“ war er allein wehrlos, ohne seine Familie schutzlos ausgeliefert. Es wird nicht überraschend davon berichtet, dass er auf der Bahnfahrt, begleitet durch eine DRK-Schwester, heftigste Wutanfälle gehabt habe gegen die für ihn unbegreifliche Zwangsmaßnahme.
Fritz Vater hat mehrfach versucht den Sohn in der Heilanstalt zu besuchen. Selbst zum 5. Geburtstag am 11.11.1944 wurde ein Besuch des Vaters verweigert. Mehrfache Briefe des Vaters mit der Bitte um Besuch seines Sohnes wurden ignoriert.
Am 23.1.1945 erhielten die Eltern von Fritz ein Telegramm in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass ihr Sohn „eingeschlafen“ sei. Ob Fritz durch den Nahrungsentzug ermordet wurde oder ob ihm zusätzlich auch eine Überdosis des Betäubungsmittels Luminal verabreicht wurde, wird immer unklar bleiben.
HIER WOHNTE
FRITZ WEHDE
GEB. 11.11.1939
DER FAMILIE ENTRISSEN
EINGEWIESEN 31.8.1944
HEILANSTALT LÜNEBURG
´KINDERFACHABTEILUNG`
ERMORDET 20.1.1945
Um Fritz Wehde und seine grausame Ermordung in Erinnerung zu behalten, wird am 1. Juni vor seinem letzten Zuhause ein Stolperstein verlegt, der erste in Garbsen.
Die Gemeinde ist dazu herzlich eingeladen wie auch zu einer kleinen Gedenkfeier im Anschluss auf dem Dorfplatz oder im Gemeindehaus.
Quellen: www.Stolpersteine.de, www.Gedenkort-T4.eu
Angela Thimian-Milz, Dr. Ingrid Georgi