125-jähriges Jubiläum

Das neue Buntglasfenster (Foto: Kunstglaserin Stefanie Schönlau, modifiziert)

Der wunderschöne Friedhof am Kahlen Berg in Horst wurde im Jahre 1900 eingeweiht. Am 21. September 2025 hat die Kirchengemeinde mit Freude und Dankbarkeit das 125-jährige Bestehen des Friedhofs gefeiert. Das Jubiläum wurde mit einem feierlichen Gottesdienst in der Friedhofskapelle und der Einweihung des neuen Glasfensters begangen.

Die Predigt, die wir hier im Wortlaut wiedergeben, wurde von Pastor Dr. Christian Bogislav Burandt gehalten.

 

Predigt über Mk 16,1-8 zur Einweihung des neuen Fensters in der Friedhofskapelle in Horst

Liebe Gemeinde,

unsere Kapelle auf dem Friedhof ist ein Ort des Abschieds und der Trauer. Gottseidank, dass wir diesen Ort haben; einen Ort, an dem wir weinen und unsere Trauer zeigen dürfen; einen Ort, an dem wir Gemeinschaft mit anderen haben, denen es ähnlich geht. Einen Ort, an dem wir nicht unter dem Druck stehen, gut drauf sein zu müssen. – In der Friedhofskapelle, da schwingen immer auch vergangene zurückliegende Trauererfahrungen mit. Diese Erfahrungen kommen uns hier ins Bewusstsein, wir können sie Gott anvertrauen. Das tut gut. Es tut auch gut, mit anderen im Namen des lebendigen Gottes zusammen zu sein: Hier singen wir gemeinsam und hören von Gottes Verheißungen, und damit gibt es die Chance, dass Licht in das Dunkle unserer Trauer fällt. –

Apropos Licht. Woher kommt das Licht in der Kapelle? Unser Blick richtet sich nach vorne. Ein rundes buntes Fenster sehen wir da. Ein rundes Fenster – ich finde, schon durch die Form strahlt es Harmonie aus. Das tut gut, wenn die Trauer um einen lieben Menschen uns mit Spitzen und Kanten zusetzt... –

Das Fenster. Mein Auge geht zunächst an den rechten Rand. Ich sehe einen Weg. Oder sind es Treppenstufen? Die drei Frauen haben sich aufgemacht aus der Dunkelheit ihrer Trauer heraus. Sie haben sich gemeinsam aufgemacht, um dem toten Jesus einen letzten Liebesdienst zu erweisen: Sie wollen ihn salben. Gerade haben wir das in der Lesung gehört. Beim Blick auf den Weg – fast kommt es mir so vor, als sei er schließlich durch die Gemeinschaft gangbarer geworden als zu Beginn. –

Trauer ist so unterschiedlich. Jede und jeder trauert anders. Durch die ganz verschiedenartige Kleidung der Frauen mit den unterschiedlichen Farben kommt das zum Ausdruck. Und nun stehen sie in ihrer Verschiedenheit vor einer leuchtenden Figur mit ausgebreiteten Armen. Eine Figur, die ganz ungeahnt Licht ausstrahlt, kenntlich an dem großen Halbkreis mit den verschiedenen Gelbtönen. Mit dem rechten Arm begrüßt die Figur die Frauen, mit dem linken Arm bittet sie um Aufmerksamkeit: „Hört mir zu! Ich habe Euch etwas zu sagen!“ –

Und wer ist das, der da vor den Frauen erscheint? Im Markusevangelium haben wir von einem Jüngling mit einem langen weißen Gewand gehört. Aber es wird bei Markus später und auch in den anderen Evangelien davon berichtet, dass Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene, selber den Frauen erschienen sei. Hierauf bezieht sich unser Fenster. Denn die Figur hat nicht nur einen Heiligenschein: Man meint beim genauen Blick auf das Gesicht, Spuren der Schläge zu erkennen. Jesus wurde vor seinem Tod geschlagen und misshandelt. Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Aber er ist damit keine andere Person geworden. Die Schläge – sinnbildlich für menschliches Leid – Jesus hat sie auf sich genommen. Jesus nimmt das Leid der Frauen, die ihn suchen, wahr. Er nimmt auch unser Leid auf sich, um uns zu entlasten. Und er gibt Gottes Verheißung an die Frauen weiter: Er ist von Gott von den Toten auferweckt worden. Der Tod hat keine Macht mehr über ihn. Er lebt. „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“, ruft er den drei Frauen zu. –

Der von den Toten auferstanden Christus hat Ausstrahlungskraft. Dafür steht im Fenster der in Gelbtönen gehaltene Halbkreis, der gleichmäßig die leuchtende Figur umgibt. –

Den Halbkreis können wir aber in der Zusammenschau auch als Kelch ansehen. Und dazu können wir den durch den Heiligenschein ganz runden Kopf der Figur als Oblate deuten! Dann würde uns das Fenster zusätzlich Mut machen, uns von Jesus Christus an seinen Tisch einladen lassen. Dann würde uns Trost verheißen durch das Heilige Abendmahl mit den Spendeworten: Christi Leib für Dich gegeben, Christi Blut für Dich vergossen. Dann würde das Fenster uns Mut machen, dass wir durch Teilnahme am Heiligen Abendmahl die Verbindung mit Jesus Christus und untereinander neu spüren. Das ist tröstlich gegen den Beziehungsabbruch, den der Tod bedeutet! –

Die Lebenszusage Jesu Christi – sie ist Liebe. Denn den Halbkreis um die leuchtende Figur herum, den könnten wir auch als ein Herz ansehen! Wessen Herz? – Nun das Herz des Gottes an den wir glauben, an Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist. Oberhalb des großen in Gelbtönen gehaltenen Halbkreises gibt es, wenn wir den Heiligenschein der Figur dazuzählen, drei Halbkreise: vielleicht ein Hinweis auf die Dreieinigkeit Gottes, auf Vater, Sohn und Heiliger Geist? –

Das runde Fenster in der Friedhofskapelle am Ort der Trauer. Es erinnert mich an die Botschaft von Ostern, die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi, also die Botschaft, ohne die ich nicht hier predigen und an Gräbern stehen könnte. Das Fenster lädt uns alle ein, neben die drei Frauen zu treten. Es lädt ein, neu die Lebenszusage des auferstandenen Christus zu hören, seine Verheißungen im Heiligen Abendmahl zu vernehmen, und sich seine Herzensgüte gefallen zu lassen.

Er ist erstanden, hat uns befreit, dafür sei Dank und Lob allezeit. Uns kann nicht schaden Sünd‘ oder Tod, Christus versöhnt uns mit unserm Gott. AMEN

P. Dr. Christian Bogislav Burandt